SWISSMODE – Die Modewelt ist kreativ, aber sie ist auch ein hartes Pflaster. Die Branche bewegt sich in einem dynamischen Umfeld. Mit einer guten Vernetzung, Nachhaltigkeit, Transparenz und slowfashion statt fastfasion behauptet sie sich. Das Schweizer Textilhandwerk gewinnt so sein Know-how wieder zurück und bekommt so wieder mehr Wertschätzung.
Die Modebranche hat sich stark verändert. Die Produktion von Kleidung wurde in den letzten Jahren immer mehr ins nahe Ausland verlagert. Swissmade-Textilen erleben allerdings aktuell ein Revival und werden trotz höheren Kosten wieder geschätzt. «Seit der Pandemie werden in der Schweiz wieder mehr Textilien und Kleider produziert. Allerdings ist in den letzten Jahren viel Know-how verloren gegangen, und es braucht wieder etwas Zeit, um dieses Wissen wie auch die Produktion dazu zu reaktiveren», erklärt Adrian Reber, Präsident Swissmode, Verband Bekleidung Schweiz. Essenziell für die kleine Branche ist die Vernetzung: «Die Textilwirtschaft – die mal riesig war – muss vernetzen, Synergien nutzen, nur so können wir vorwärtskommen.» Wie wichtig die gut vernetzte Branche ist und auch agieren kann, hat die Pandemie gezeigt. «Wir haben die Maskenproduktion gut gemeistert – dies vor Ort, gezielt, schnell und mit dafür in der Schweiz entwickelten antivir ausgerüsteten Stoffen. Reber, der schon seit längerer Zeit in der Textilbranche unterwegs ist, plädiert für eine wachsende Schweizer Produktionslandschaft für die Textilbranche. Reber kennt die Branche bestens. Der Berner Designer und Unternehmer entwickelt eine eigene Kollektion, etablierte sein eigenes Label in der Schweiz und verfügt über einen breit gefächerten Rucksack mit viel Know-how.
Integration von bereits
existierendem Material
Die Mitglieder von SWISSMODE arbeiten in den verschiedensten Bereichen – Damen, Herren, Arbeitsbekleidung, Massanfertigungen und auch Miniserien. Ein Trend für alle ist die nachhaltige Produktion und die Integration von bereits existierendem Material – deadstock, upcycling, recycling. Dies entspricht auch dem Zeitgeist, der enorm wichtig bei der Entwicklung neuer Kollektionen ist. Wer sind wir? Was wollen wir kommunizieren? «Unsere Kleidung sagt enorm viel aus über unsere Persönlichkeit, auch wenn es viele vielleicht nicht so wahrnehmen. Unsere Entwürfe müssen daher dem Zeitgeist entsprechen, sonst werden sie nicht gekauft», konkretisiert Reber.
Nachhaltigkeit, Transparenz in der Herstellung – dies sind alles Faktoren, die in letzter Zeit stark zugenommen haben. «Qualität statt Quantität, slowfashion statt fastfashion – dies sind Schlagworte, die uns auch zugutekommen.» Doch um diesen Trend nach aussen zu tragen, benötige es eine gute Kommunikation. Gerade auch die jüngeren Generationen müssen abgeholt, dafür sensibilisiert und informiert werden. Warum soll ich weniger konsumieren? Warum soll ich mir ein teures T-Shirt kaufen, wenn ich mir dafür fünf andere kaufen kann? «In der Ausbildung wird dieses Thema bereits seit längerem diskutiert, und wir hoffen, dass diese Informationen dann auch weitergetragen werden», so Reber, der seit längerem selbst ausbildet. Gerade in seiner Branche spürt Reber, dass Zeit und Geduld in unserer Gesellschaft oftmals fehlen und schlecht gehandhabt werden. So ist es für viele Kunden ungewohnt, dass sie bei einer Massanfertigung auf die bestellten Teile warten müssen. «Alles muss schnell gehen, man will es jetzt und gleich.»
Die Bedürfnisse der Kunden ändern sich in der schnelllebigen Zeit stetig. «Wir gehen individuell auf die Kundenanfragen ein und können sie auch direkt und – da wir meist in Kleinststrukturen arbeiten – sofort umsetzen.» Neuanfertigungen sind immer noch in der Mehrzahl, es gibt aber auch individuelle Anpassungswünsche, beispielsweise aus einem alten Ballkleid der Mutter ein neues, modernes zu gestalten. Die Digitalisierung schreitet auch in der Modebranche stetig voran und unterstützt in allen Bereichen: Arbeitsplanung, Produktionsplanung, Entwürfe zeichnen digital, schneller kolorieren und Farbwege aufzeigen, Schnittmuster zeichnen und archivieren. «Nähen müssen wir aber weiterhin von Hand.» Um die Prototypen Entwicklung zu vermindern, gibt es digitale Tools, die die Schnitte direkt auf einen Körper modellieren, dies wird in Zukunft auch für kleinere Betriebe finanzierbar sein.
Gefragte Ausbildung
Zentrale Aufgabe von SWISSMODE ist die Aus- und Weiterbildung. «Die Ausbildung zum Bekleidungsgestalter/in EFZ ist beliebt. Wir haben viele Jugendliche, die sich für unseren Beruf interessieren», freut sich Reber. «Bei Aufnahmegesprächen höre ich oft, dass die Grossmutter Schneiderin gelernt hat, und der jungen Generation hilft beim Umsetzen ihrer Träume: Neue Teile selbst zu nähen oder ein Vintagestück aufzupimpen.» Doch die Berufsbildung hat sich auch im Modegewerbe stark verändert. So wurde vor neun Jahren erfolgreich eine Berufsreform durchgeführt. «Die Ausbildung wurde moderner und den heutigen Bedürfnissen angepasst. Momentan sind wir an der Ausarbeitung einer neuen Teilreform, in zehn Jahren hat sich vieles wieder verändert.»
Rund 900 Lernende absolvieren aktuell ihre Ausbildung als Bekleidungsgestalter/in EFZ – davon ein grosser Teil im Tessin, wo es noch viele Produktionsbetriebe gibt. Obwohl genug Ausbildungsmöglichkeiten und genügend Ausbildungsplätze bestehen, mangelt es an privaten Ateliers, die ausbilden. Die Ausbildung findet – obwohl oft an Schulen– «dual» statt: Das Atelier für die praktischen Arbeiten, die Berufsschule für die theoretische Ausbildung sowie die ÜK’s für die überbetrieblichen Kurse mit den praktischen Detailarbeiten.
Die Weiterbildung für Verbandsmitglieder und Interessierte ist eine weitere, wichtige Aufgabe des Verbandes. Er organisiert und führt Weiterbildungskurse durch zur Vertiefung von Know-how und Praxis.
Das Kursprogramm umfasst ein breites Angebot an fachlichen, wie auch unternehmerischen Weiterbildungsmöglichkeiten. Von Schnitt- und Modezeichnen, Entwicklung von Figuren, Körperproportionen von Mann und Frau, Materialien, Zuschneiden, Anproben und Nähen bis hin zu Management und Unternehmensorganisation bietet die Bekleidungsfachschule BKFS Weiterbildungsmöglichkeiten für Anfänger, wie auch für Fortgeschrittene.
Für mehr Qualität und Einzigartigkeit
Die Herausforderungen sind mannigfaltig. Dazu gehört, die Kunden für das nachhaltige und qualitativ hochwertige Schweizer Schneider- und Designerhandwerk zu sensibilisieren. «Eine gute Hose kann viele schlechte Hosen ersetzen – nicht die Quantität ist entscheidend, sondern die Einzigartigkeit und die Qualität.» Doch gemäss Reber benötigt es Zeit und Geduld die Konsumgesellschaft nachhaltig zu verändern und die Menschen zum Umdenken zu bewegen. «Modisch und gut gekleidet zu sein, heisst nicht, nichts mehr zu kaufen, sondern bewusst Kleidung einzukaufen und die Stücke länger als nur eine Saison im Schrank zu behalten.» In diesem Sinne ist das Zukunftspotenzial der Branche riesig.
Corinne Remund
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DAS MACHT SWISSMODE
Ausbilden als Schwerpunkt
«Der Centralverband Schweizerischer Schneidermeister CSS wurde 1907 gegründet und 2018 zu SWISSMODE Verband Bekleidung Schweiz umbenannt. Zu diesem Zeitpunkt wurden der Schweizerische Berufsverband für Bekleidungsgestaltung SwissMode, mit Schwerpunkt Damenbekleidung sowie der Verein SwissCouture integriert. Im Mittelpunkt der Verbandsgeschäfte steht die Ausbildung der Lernenden. SWISSMODE ist für die berufliche Grundbildung von zukünftigen Bekleidungsgestalterinnen und Bekleidungsgestaltern zuständig. Die Weiterbildung für Verbandsmitglieder und Interessierte ist eine weitere, wichtige Aufgabe von SWISSMODE. SWISSMODE fördert die Weiterbildung an Fachschulen mit Stiftungsunterstützung und nimmt an internationalen Kongressen teil. Er ist auch in der Mitgestaltung der Treffen des European Master Tailor Congress (EMTC) involviert.
SWISSMODE hat 165 Mitglieder. Sie sind alle KMU – kleinere Betriebe, aber auch grosse Ausbildungsstätten, die oft an Berufbildungszentren angeschlossen sind, und viele Einzelpersonen, die ein Atelier führen oder in einem Atelier angestellt sind. CR